Die Ankündigung war so nicht erwartet worden: Ab März 2022 werden die neuen Adobe Software Produkte keine mitgelieferten PANTONE Farbbibliotheken mehr enthalten. Adobe erklärte: „Im März 2022 werden die Pantone-Farbbibliotheken, die in Adobe Photoshop, Illustrator, InDesign, Adobe Color und Adobe Capture vorinstalliert sind, aus zukünftigen Software-Updates entfernt.“
https://helpx.adobe.com/creative-cloud/adobe-color.html
Dass Adobe und PANTONE sich in den letzten Jahren zunehmend entfremdet haben, war schon länger zu spüren.
Die Einbindung aktueller PANTONE Bibliotheken wurde schleppend oder in letzter Zeit schon nicht mehr automatisch vollzogen, wer aktuelle Bibliotheken haben wollte, musste diese über den PANTONE Color Manager exportieren und in Adobe Software importieren … ein mühseliges und fehlerbehaftetes System. Vermutlich werden es aber die Lizenzkosten gewesen sein, die Adobe zu dem finalen Schritt bewogen haben. Der mit großem Abstand führende Softwarehersteller war es vermutlich einfach leid, sich von PANTONE lizenzrechtlich gegängelt zu sehen und ging den Schritt konsequent zu Ende: Keine PANTONE Paletten mehr für Adobe Produkte.
Ob es die Anwender kümmern wird? Wer Designs in PANTONE Farben im Computer hat, hat die Farben nach wie vor alle in seiner Software vorhanden, jedes in InDesign platzierte AI oder EPS aus Illustrator hat die dort angelegten PANTONE Sonderfarben direkt wieder in InDesign importiert vorhanden. Und eine weitere Farbe ist auch händisch schnell neu angelegt – nun gut, vielleicht nicht mit den aktuellsten LAB-Werten von PANTONE, aber eine CMYK Entsprechung aus dem Bauch heraus tut es ja auch, um die Farbe zumindest halbwegs am Bildschirm sehen zu können. Ich denke also nicht, daß bei uns die Telefonleitungen heißlaufen werden, da unsere Kunden ihre PANTONE Farben nicht mehr finden können.
Aber nichts desto trotz: Es ist ein Paradigmenwechsel, den Adobe hier vollführt:
PANTONE hat sich eben doch über die Jahre hinweg nicht so verbessern können, wie es sich die Branche erhofft hatte. Holger Everding von freieFarbe hat das in seinem Blogeintrag passend zusammengefasst. Er schreibt:
„Die mangelnde Qualität des Systems dürfte den meisten Lesern dieser Zeilen bekannt sein:
- unübersichtliche Vielfalt an Farbfächern und darin enthaltener Farbtöne
- hiermit verbundene lückenhafte Softwareintegration
- mangelnde Genauigkeit und hohe Metamerie der Farbfächer und Farbtöne, bedingt durch diverse Hersteller mit verschiedenen Papieren und Pigmenten
- sehr restriktive Lizenzpolitik, keine frei zugängliche Quelle für Farbwerte“
Aber schadet das Zerwürfnis nun eher PANTONE oder eher Adobe?
Ich bin da gespalten. Vermutlich werden sich beide Partner zügig berappeln: PANTONE wird sicher den nachvollziehbaren Weg gehen, die lizenzrechtlich restriktive Politik der letzten Jahre verändern und abzumildern: Sie müssen mehr Standard-Features kostenlos für alle Anwender anbieten. Insbesondere kleine Unternehmen und Designer wollen und können keine monatlichen Abokosten für die nicht abgespeckte Version von Adobe Connect bezahlen. Schließlich ist Pantone nur ein Leitfaden, es gibt viele andere Möglichkeiten, Farben zu bestimmen. Und Adobe? Adobe wird sicher die Gelegenheit nutzen, die Fühler nach praxisnahen Alternativen von PANTONE auszustrecken und diese freiwillig in Adobe zu implementieren, um sich hier auch vom Lizenzdruck von PANTONE freizuschwimmen. Denn Konkurrenz belebt ja bekanntermaßen das Geschäft. Und wenn erst einmal freie Farbsysteme wie das freieFarbe CIELAB HLC System in Adobe integriert würde, dann würde PANTONE sicher schnell verstehen, daß sie eben kein „Monopol“ auf Sonderfarben hätten, im Gegenteil:
Wenn Adobe frei verfügbare, präzise und transparente Farbsysteme in ihre Softwares integrieren würden, müsste PANTONE endlich einmal die überfälligen Schritte gehen, sich besser und konsequenter aufzustellen, um jemals wieder den Weg zurück in Adobe Software zu finden. Passiert das nicht, zählt PANTONE im Zweifel schnell zu den Dinosaurier-Farbsystemen, die einen Einschlag nicht überlebt haben. Denn bessere, offenere und transparentere Systeme stehen ja nicht nur in den Startlöchern: Es gibt sie bereits heute.
Da die „teuren“ Pantone-Lizenzen ja nun wegfallen, wird Adobe sicher die eigenen Lizenzgebühren senken, nicht?! Oder werden wir Anwender von Adobe weiterhin „lizenzrechtlich gegängelt“?
Der Autor Matthias Betz wirft die Frage auf:
„Aber schadet das Zerwürfnis nun eher PANTONE oder eher Adobe?“
Die Antwortet lautet klar und deutlich: sie schadet uns Anwendern und dem Ansehen
beider Beteiligten. Und das enorm. Adobe hat offensichtlich noch keine Alternative
vorzuweisen, insofern ist dieser Schritt absolut nicht nachvollziehbar.
Und NEIN Herr Betz, niemand möchte Farben „aus dem Bauch heraus“ anlegen, gelten
doch weltweite Standards in der Druckindustrie, welche in der globalen Welt von
heute weiterhin bestand haben müssen. Ebenso möchte niemand sein Farbmanagement
durch den Import von irgenwelchen Grafiken aufbauen.
Also: wann wird Adobe seine Kostensenkung an uns Anwender weitergeben? Sollen wir mal wetten….. ?!
Unser Produktioner meint, das http://www.color-jack.com ein passender Ersatz für Pantone sein könnte. 🙂
Es gibt ja einige solcher Systeme, aber Jack will doch vom Ansatz her etwas anderes, hier geht es ja eher darum, für Verbraucher vergleichbare Farben zu schaffen, damit ich die Kuscheldecke passend zum Sofa bestellen kann, auch wenn die eine von „Quelle“ und die andere von „Neckermann“ kommt. Ich glaube auch eher nicht, daß Adobe ein sehr bekanntes und weltweit verbreitetes, kommerzielles Lizenzsystem wie PANTONE gegen ein anderes kommerzielles Lizenzsystem mit wenig Verbreitung tauschen würde.
Ich vermute eher, daß PANTONE einfach zu teuer wurde, und Adobe daher auf sie verzichtet, zumal man über den Nutzen von PANTONE Bibliotheken in Adobe Produkten ja auch streiten kann.
Und ich hoffe natürlich, daß ein lizenzfreies System wie das freieFarbe CIELAB HLC Farbsystem stärker genutzt werden würde. Das wäre in den Adobe Produkten ein echter Gewinn im Vergleich zu einem Tausch kommerzieller Systeme.