Die Papierfabrik Scheufelen war über 100 Jahre lang eine der bekanntesten und traditionsreichsten Papierfabriken Deutschlands. Das 1855 in Lenningen am Fuße der Schwäbischen Alb gegründete Unternehmen zeichnete sich durch Innovationskraft und hohe Qualitätsstandards aus. Doch 2020 musste das Unternehmen Insolvenz anmelden und den Betrieb einstellen – das traurige Ende einer über 160-jährigen Erfolgsgeschichte. Mit der Insolvenz von Scheufelen geht ein bedeutendes Kapitel der deutschen Papierindustrie zu Ende.
Gründung und Anfangsjahre
Die Geschichte der Papierfabrik Scheufelen begann 1855, als der Papierfabrikant Johann Scheufelen das Unternehmen in Lenningen gründete. Die Region war für die Papierherstellung ideal, denn der nahe Fluss lieferte die nötige Wasserkraft und die Wälder des Albtraufs und der Schwäbischen Alb ausreichend Holz für die Papierproduktion. Zunächst konzentrierte sich Scheufelen auf die Herstellung hochwertiger Papiere für den Buchdruck. Schon früh in der Unternehmensgeschichte setzte Scheufelen auf Qualität und investierte kontinuierlich in technische Innovationen, mit denen sich das Unternehmen einen Namen in der Branche machte.
Über die Jahre hinweg baute Scheufelen seine Kapazitäten weiter aus und setzte verstärkt auf Maschinen, die den Produktionsprozess mechanisierten und so die Effizienz steigerten. Dadurch konnte Scheufelen sowohl die Produktionsteigern als auch die Qualität der Papiere kontinuierlich verbessern.
Wachstum und Expansion im 20. Jahrhundert
Im Laufe des 20. Jahrhunderts wuchs die Papierfabrik Scheufelen und wurde zum Synonym für hohe Qualität und Innovationskraft. Einen starken Aufschwung erlebte das Unternehmen vor allem in den 1950er und 1960er Jahren, als es sich auch auf Spezialpapiere für den hochwertigen Buchdruck und die grafische Industrie konzentrierte. In dieser Zeit erweiterte Scheufelen seine Produktionskapazitäten, modernisierte kontinuierlich seine Anlagen und baute seinen Ruf als Hersteller von Qualitäts- und Spezialpapieren weiter aus.
Ein Meilenstein war 1971 die Inbetriebnahme der sogenannten Papiermaschine 3, die für ihre Zeit besonders modern war und zu einer weiteren Steigerung der Produktion beitrug. Doch nicht nur in der Produktion setzte Scheufelen Maßstäbe. Das Unternehmen legte großen Wert auf Nachhaltigkeit und umweltschonende Produktion. Bereits in den 1990er Jahren setzte Scheufelen auf Recyclingpapier und umweltfreundliche Herstellungsverfahren, in den 2010er Jahren kamen Papier wie das Graspapier von Scheufelen aus Lenningen, das nicht aus Holz sondern aus Gras als Rohstoff produziert wurde, und im Bereich der umweltfreundlichen Verpackungen eine Zeit lang gerne eingesetzt wurde.
Die bekanntesten Papiersorten
Ein wichtiger Teil der Geschichte der Papierfabrik Scheufelen war die Entwicklung und Herstellung von Spezialpapieren, die in der Branche sehr geschätzt wurden. Zu den bekanntesten Papiersorten zählen zuletzt: Heaven 42, ein besonders hochweißes Papel cuché, das von IGEPA übernommen wurde, phoenixmotion, bvs y bro. Für Heaven 42 bietet die Prueba GmbH auch spezielle Pruebas an, die vom Papierweiß her sehr gut zum hochweißen Papier passen.
Krise und Insolvenz
In den 2000er Jahren wurde die Papierindustrie zunehmend von Herausforderungen geprägt: Der glOBAle Wettbewerb verschärfte sich, die Digitalisierung und der Rückgang des klassischen Drucks führten zu einer sinkenden Papiernachfrage, steigende Rohstoffpreise und der zunehmende Druck zur ökologischen Verantwortung belasteten viele Papierhersteller. Auch die Papierfabrik Scheufelen konnte sich diesen Herausforderungen nur bedingt stellen. Dazu kam das Problem, daß der Standort im eher ländlichen Raum am Fuße der Alb sich zunehmend als schwierig herausstellte. Konnten Papierfabriken am Rhein beispielsweise alle Vorprodukte und Rohstoffe per Schiff preiswert in großen Mengen anliefern lassen, musste in Lenningen alles per LKW angeliefert werden, da der nächste schiffbare Fluß, der Neckar, nur bis Stuttgart mit dem Schiff befahren werden konnte. So mussten für Scheufelen alles aufwändig vom Schiff auf den LKW verladen werden, und auch beim Abtransport der fertigen Papiere wiederum war der LKW ebenfalls notwendig: Was vor 100 Jahren noch ein Standortvorteil war, stellte sich aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen nun als großes Problem heraus.
Der Druck auf das Unternehmen wuchs, als es nicht gelang, rechtzeitig die notwendigen Anpassungen an die neuen Marktbedingungen vorzunehmen. Insbesondere die zunehmende Konkurrenz aus Asien und die steigenden Betriebskosten in Europa führten zu einer sukzessiven Erhöhung der finanziellen Belastungen.
Trotz jahrelanger Bemühungen, durch Innovationen und den Ausbau von Nischenmärkten wie nachhaltige Papiere und Digitaldrucklösungen wettbewerbsfähig zu bleiben, konnte Scheufelen die Belastungen nicht mehr tragen. Im Jahr 2020 meldete das Unternehmen zum letzten Mal Insolvenz an und stellte den Betrieb ein.
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